Schöpfer sein im eigenen Universum der Beziehungen
Als Student war es irgendwie ganz leicht sein Sozialleben, die Uni und seine sonstigen Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Im Arbeitsleben sieht das anders aus und es wird schwieriger den Partner, Freunde, Familie, Hund, Sport, eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf unter einen Hut zu bringen. Das kann alles ganz schön viel werden, vor allem wenn man das Gefühl hat, viel damit beschäftigt zu sein, die Erwartungen anderer zu befriedigen. Zu wenig Kontrolle über seinen eigenen Alltag zu haben. Zu reagieren statt zu agieren. Dann ist es ein spannendes Gedankenspiel sich einmal hinzusetzen und bewusst zu machen, welche Menschen einen umgeben und wer von ihnen das eigene, nennen wir es “Beziehungs- Universum”, ausmacht. Wer von diesen Menschen nimmt für mich in der Theorie welchen Stellenwert ein und bekommt diese Person in der Realität dann auch die Aufmerksamkeit und Zeit, die sie verdient? Quasi eine Bestandsaufnahme von ‘ist‘ und ‘soll’ bzw. ‘möchte’.
Mein (*Val*) Universum besteht von der Ferne aus betrachtet aus meinem Partner Baird, meiner besten Freundin Kristin, meiner Familie, meinen Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen. Wobei jeder einzelne natürlich auch mehrere Rollen einnehmen kann, Arbeitskollegen oder Familienmitglieder können z.B. gleichzeitig Freunde sein.
Die Gleichung ist dann doch eigentlich recht einfach. Faktoren sind: 1. Die Zeit, die ich insgesamt aufwenden möchte (und aufwenden kann), um soziale Beziehungen aufzubauen, zu vertiefen und zu erhalten, 2. An welchen Arten von Beziehung bin ich interessiert und 3. Wie viele Personen möchte ich pro Beziehungsart in meinem Umfeld haben. Ich habe zum Beispiel schon immer 1-3 sehr enge vertraute gehabt, Menschen die wirklich alles über mich wissen. Das sind bei mir die drei Herzen auf der Ellipse die mir am nächsten sind. Dann ist es mir immer schon wichtig gewesen einen sehr engen kleinen Kreis von Freunden zu haben. Menschen, mit denen ich einen Großteil meiner Freizeit verbringe, gemeinsame Trips plane, Sonntags abends vor Netflix hänge. Menschen, die mich in Pyjama kennen und die in meiner Küche wissen, wo Kaffee und Schnaps zu finden sind. Die schwärmen in meiner Skizze im nächsten Orbit, zusammen mit dem Großteil meiner engen Familie mit der ich mich auch sehr verbunden fühle. Danach kommt ein Kreis mit Herzen, der aus einigen weiteren Familienmitgliedern sowie weiteren Freunden besteht. Solchen, die mir wichtig sind und die ich auch regelmäßig sehe oder spreche, mit denen ich mich aber aus irgendwelchen Gründen nicht ganz so intensiv verbunden fühle. Und ganz außen dann die freien kleinen Herzen, Menschen die mir lieb und irgendwie auch wichtig sind, aber die auch so ein bisschen kommen und gehen, oder bei denen es vielleicht vom Timing her einfach nie zu einer engeren Freundschaft gekommen ist. Vielleicht sind bei ihnen selbst alle näheren Kreise belegt oder unsere Prioritäten sind einfach unterschiedlich. Aber man sieht sich gern und lädt sich auf größere Partys ein.
Bei meinem Partner Baird sind die Kreise ganz anders besetzt. Er hat weniger Menschen in den ganz nahen Kreisen, weniger ‘beste Freunde’ aber dafür super viele ‘sehr gute Freunde’. Und dann noch mehr ‘relativ gute Freunde’, mit denen er sich oft und gerne trifft. Ich hab mich dafür entschieden mehrere sehr nahestehende Menschen zu haben, das ist aber auch sehr zeitaufwändig. Er hat weniger Menschen, die ihm sehr nahe stehen. Die Zeit und Energie kann er dann dafür nutzen, die Kontakte zu seinen guten Freunden zu pflegen.
Jeder hat sein eigenes Ideal-Universum. Vielleicht reicht einem der Partner als einzige und engste Bezugsperson. Oder vielleicht möchte man mehrere Menschen, mit denen man Herz, Kopf und Seele teilt. Bestimmt sind viele Konzepte gut, wichtig ist aber, dass das eigene Konzept bewusst gewählt ist.
Mein hier gezeichnetes Universum zeigt so ungefähr den Zustand, in dem ich mich jetzt gerade befinde. Natürlich ist das ganze stetig im Fluss, Freundschaften ändern sich und das ist auch ok. Aber alles in allem bin ich mit meinem ‘Ist’-Zustand in diesem Moment ziemlich glücklich. Als ich diese Bestandsaufnahme kurz nach dem Ende meines Studiums gemacht habe, zeichnete sich ein anderes Bild. Mir ist zum Beispiel bewusst geworden, wie viel Zeit und Energie ich Studienfreunden eingestanden habe, bei denen ich eigentlich wusste, dass wir einfach zu unterschiedliche Persönlichkeiten haben, um uns jemals wirklich nahe zu stehen. Gleichzeitig ertappte ich mich dabei, dass ich mich seit Wochen nicht bei einer Freundin gemeldet hatte, die ich schon seit dem Kindergarten kenne und die zwar jetzt weit weg wohnt, die aber für mich immer einen Platz im engen Kreis haben wird. Mir hat die Skizze damals geholfen zu verstehen, wem ich meine Energie gebe.
Wenn ich einen engen Freundeskreis haben möchte, Menschen die mich wirklich gut kennen, dann muss ich die Zeit investieren diese Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Es geht dabei nicht um Wertung, sondern darum, sich bewusst für die Menschen zu entscheiden, die einem wichtig sind – aus welchen Gründen auch immer – und diesen Menschen die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdienen. Denn nur wenn man einer Beziehung Raum und Energie gibt, kann sie wachsen.
Letztendlich sind nur wir selber für unser Beziehungs-Universum verantwortlich. Man lebt sich nicht einfach so auseinander, sondern man trifft wieder und wieder die Entscheidung eine Freundschaft zu wollen und zu leben. Wir bestimmen, mit wem wir uns umgeben, und wem wir wie viel von uns geben. Das ist nichts, was uns einfach passiert.