gegen Einsamkeit
In letzter Zeit haben uns Freund:innen häufiger erzählt, dass sie sich einsam fühlen. Wahrscheinlich fühlt sich jede:r ab und zu mal einsam. Disconnected von anderen, unverstanden, und irgendwie unwichtig. Man ist unzufrieden und glaubt, dass nur andere Menschen einen komplettieren können. Wahrscheinlich ist es sogar gut, dass das passiert, weil man sich immer dann klar machen kann, was einem gerade fehlt. Wir möchten hier nicht diskutieren, was dieses Gefühl mit der Beziehung zu uns selbst zu tun hat oder wann jemand vielleicht wirklich einsam ist. Stattdessen soll es um die Frage gehen, warum sich so viele einsam fühlen, wenn es da draußen doch so viele Menschen gibt, die genauso empfinden. Und wir fragen uns, warum sich nicht mehr Menschen zu Freunden committen, um sich eben nicht mehr so zu fühlen.
Es scheint, dass Menschen sich oft einsam fühlen, wenn sie keinen (Liebes-)Partner haben. In der Regel fühlt man sich nicht einsam in der Familie, in der man aufwächst – so lange man sich geliebt und verstanden fühlt. Wenn man dann erwachsen wird – das heißt sich von seiner Familie löst – und bereit ist, sein eigenes Rudel zu bilden, suchen die meisten nach einem Lebenspartner, mit dem sie eine neue Familie gründen können – oft mit eigenen Kindern. Für viele ist erst das eine Form der Beziehung, in der sie sich sicher genug fühlen, sich mehr zu öffnen, sie selbst zu sein und sich zu committen. Oft scheint es exklusiv dem Partner oder den eigenen Kindern vorbehalten zu sein, Menschen zur Priorität Nummer 1 zu machen.
Die meisten Menschen haben mehrere Freunde, die sie regelmäßig sehen. Wenn es einmal mit jemandem nicht gut läuft, kann man auf einen anderen Freund ausweichen. Oft löst das Probleme einfach in Luft auf. Und genau weil man sich diese Möglichkeit vorbehält, kommt einem Freundschaft oft irgendwie lockerer und einfacher vor als eine romantische Beziehung. Dem Anderen aus dem Weg zu gehen heißt aber auch, dass man die Chance verpasst, sich gegenseitig besser kennen zu lernen – zu verstehen, was den anderen zu einem bestimmten Verhalten motiviert und warum dieser Mensch in einer bestimmten Art und Weise denkt. Und genau das gleiche gilt für einen selbst – auch wenn es schwer ist zuzugeben, womit man emotional gerade zu kämpfen hat, warum einen etwas wütend oder traurig macht, so ist es der einzige Weg, wirklich etwas gegen die eigene Einsamkeit zu tun und einer anderen Person nah zu kommen. Meistens fühlen wir uns nicht einsam, wenn wir Erfahrungen teilen, uns verstanden fühlen und einen Moment lang Eins mit Anderen werden. Diese Zustände können wir erschaffen. Das muss man nicht wollen und vor allem muss man das auch nicht mit jedem wollen, aber man muss diese Form der Offenheit auch nicht auf seinen romantischen Partner beschränken.
In unserem Alter haben viele keine beste Freundin mehr, also niemanden, den sie zur Priorität machen. Stattdessen wird die Aufmerksamkeit auf viele Freunde verteilt – Quantität statt Qualität (zugespitzt formuliert). Doch das hilft nicht gegen Einsamkeit – hier geht es in erster Linie darum, jemanden zu haben, der einen bei Hobbys oder auf Partys begleitet, oder mit dem man beim Kaffeetrinken quatschen kann. Kommt man dann wieder zur Ruhe und wird von niemandem abgelenkt, so ist die Einsamkeit wieder da.
Sich festzulegen ist immer ein bisschen scary. Aber genauso, wie wir nur einen Job ausüben und nur wenige Hobbys verfolgen, wenn wir darin gut werden wollen – genauso gibt es auch nur einen Weg, um gut in Zweisamkeit, Gemeinschaft und Nähe zu werden – man muss sie leben.